Kreditinstitut darf Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsen Prämienstufe kündigen
Kreditinstitut darf Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Kreditinstitut einen Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen kann.
BGH, Urteil vom 14.05.2018, Aktenzeichen: XR ZR 345/18
Der Fall:
Die Kläger des zugrundeliegenden Streitfalls begehren in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestandes dreier Sparverträge. Im Jahr 1996 warb die beklagte Sparkasse für das „S-Prämiensparen flexibel“ mit einer Werbebroschüre, in der unter anderem eine Musterrechnung enthalten ist, mit der die Entwicklung eines Sparguthabens über einen Zeitraum von 25 Jahren bei einer monatlichen Sparrate von 150 DM einschließlich der jährlichen Prämienzahlung dargestellt wird.
In den Jahren 1996 und 2004 schlossen die Kläger mit der Beklagten insgesamt 3 Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“. Neben einer variablen Verzinsung des Sparguthabens sahen die Verträge erstmals nach Ablauf des dritten Sparjahres die Zahlung einer Prämie i.H.v. 3 % der im abgelaufenen Sparjahr erbrachten Sparbeiträge vor. Vertragsgemäß stieg diese Prämie bis zum Ablauf des 15. Jahres auf 50 % der geleisteten Sparbeiträge an.
Für alle Sparverträge galten die AGB-Sparkassen der Beklagten (Stand: 21.03.2016). Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen enthielt folgende Regelung:
(1) Ordentliche Kündigung
Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde unter Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. (…)“
Unter Hinweis auf das niedrige Zinsumfeld erklärte die Beklagte am 05.12.2016 die Kündigung des Sparvertrages aus dem Jahr 1996 mit Wirkung zum 01.04.2017 sowie die Kündigung der Sparverträge aus dem Jahr 2004 mit Wirkung zum 13.11.2019. Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten erklärten Kündigungen unwirksam seien.
Das Landgericht Stendal wies die unter anderem auf die Feststellung des Fortbestandes der Sparverträge gerichtete Klage ab. Die Berufung der Kläger blieb ohne Erfolg. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof -mit Ausnahme eines Hilfsantrages- zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Die Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof wies die Revision der Kläger zurück. Die beklagte Sparkasse habe die Sparverträge nach § 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe, d.h. hier jeweils nach Ablauf des 15. Sparjahres, kündigen dürfen. Die Beklagte habe das ordentliche Kündigungsrecht aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen für einen Zeitraum bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe -hier: 15 Jahre- ausgeschlossen. Die Sparverträge seien auf der Grundlage der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Bestimmungen dahin zu verstehen, dass dem Sparer das Recht zukomme, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart. Die Beklagte habe mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bedingt einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Ablauf des - hier- 15. Sparjahres, weil andernfalls die Beklagte den Klägern jederzeit den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien entziehen könnte. Einen konkludenten und zeitlich befristeten Ausschluss des Kündigungsrechtes aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen, die im Übrigen keinen Wirksamkeitsbedenken begegnet, hätten die Parteien wirksam vereinbaren können, weil die Sparverträge dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung unterliegen, so der Bundesgerichtshof.
Einen über das Ende des 15. Sparjahres hinauswirkenden Ausschluss des Kündigungsrechts haben die Parteien dagegen auch im Hinblick auf die unbefristete Laufzeit des Vertrages nicht vereinbart. Nach dem Inhalt der Vertragsantragsformulare habe die Beklagte die Zahlung einer Sparprämie lediglich bis zum 15. Sparjahr versprochen. Ab diesem Zeitpunkt seien die Sparverträge zwar nicht automatisch -mit der Folge der Fälligkeit und Rückzahlung der Spareinlagen- beendet, sondern liefen weiter. Nach dem Vertragsinhalt habe der Beklagten laut Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen unter Beachtung der in Nr. 4 S. 1 der Bedingungen für den Sparverkehr geregelten Auslauffrist von 3 Monaten zugestanden.
Schließlich ergebe sich etwas anderes auch nicht aus dem von der Beklagten verwendeten Werbeflyer. Die in dem Werbeprospekt enthaltene Musterrechnung, die auf einen Zeitraum von 25 Jahren bezogen ist, stelle lediglich ein Rechenbeispiel dar, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrages verbunden sei. Diese ergebe sich vielmehr aus den Vertragsantragsformularen, in denen die Beklagte ein Erreichen der höchsten Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr zugesagt habe. Bei den weitergehenden Aussagen handele es sich nach Darstellungsart, Inhalt und Formulierung lediglich um eine werbende Anpreisung der Leistung, der ein durchschnittlicher Sparer eine Änderung oder gar -hier in Bezug auf die Laufzeit- Erweiterung der wechselseitigen Ansprüche und der aus dem Sparvertrag folgenden Rechte, Pflichten und Obliegenheiten nicht entnehmen könne.
Veröffentlicht von Herrn Rechtsanwalt Bernd Schmitz am 15.05.2019